Robin hatte einen fantastischen Abend. Er bewegte seine Hüften geschickt im Rhythmus der äußerst originellen Playlist des Hip-Hop-Floors im Soda Club. Alle Augen waren wie immer nur auf ihn gerichtet. Seine Ausstrahlung und sein charmantes und gleichzeitig verschmitztes Lächeln brachen die Herzen aller Beteiligten. Ein gewöhnlicher Abend für den Einfamilienhausbesitzer. Der Club war komplett überfüllt und die Luft entwickelte sich langsam in einen festen Aggregatzustand. Es war als würde man durch eine Gele-Masse laufen, wie in einem Traum, in welchem man nicht von der Stelle kommt, egal wie sehr man es auch versucht. Getragen von seiner Aura schwebte Robin Richtung Garderobe. Er holte sich seinen karierten Kaschmir-Mantel und ein paar Telefonnummern hübscher Damen. Sein Pullover schnürte er sich um den Hals.
Draußen angekommen, atmete Robin tief durch. Er zelebrierte die frische Luft mit einer Zigarette, die er aus einer silbernen Schatulle nahm. Es war eine kühle, wolkenlose Nacht. Der Mond leuchtete auf Robins Haupt, so als wollte er sagen, dieser Mann ist etwas Besonderes, dieser Mann ist es Wert von meinen heiligen Mondlichtern berührt zu werden. Selbstbewusst machte er sich auf den Weg zurück ins Getümmel, doch kurz vor der Tür packte ihn eine strenge Hand.
„Wo wollen wir denn hin?“, kläffte ihn ein tölpelhafter Hüne ins Gesicht. Es war der Türsteher.
„Immer langsam Chefchen!“, entgegnete ihm Robin ruhig. „Ich möchte den Abend gerne auf der Techno-Stage ausklingen lassen. Hier ist mein Stempel.“
Der gigantische Lulatsch schielte Robin gleichzeitig ins Gesicht und auf den gestempelten Arm.
„Stempel? Der ist doch gefälscht! Siehst du, den kann ich ja mit meiner Spucke abschmieren.“ Er machte eine Pause. „Außerdem steht auf deinem Stempel „Love“ und nicht „Soda“. Willst du mich anmachen du Schlitzohr?“
„Natürlich nicht!“, wich Robin genervt zurück.
Was Robin nicht ahnen konnte, war, dass sich der Türsteher in ihn verguckt hatte. Robins Zurückweisung traf ihn ziemlich hart, hatte er sich doch extra viel Zeit für sein Outfit genommen und sich mit Davidoff Cool Water eingerieben. Robins Ablehnung seiner Liebe kratzte sehr an seinem Selbstbewusstsein.
„Du kommst hier nicht rein! Du willst doch bloß ahnungslose Damen begehren, aber das kannst du vergessen. Das ist hier ein Tanzlokal. Wir haben keinen Platz für dein unsittliches Verhalten!“
Robin war erbost. Sein hart verdientes Geld hatte er in diesen Club investiert und jetzt wird er wie Abschaum behandelt. Mit gehobenen Zeigefinger und ernster Miene verlangte er sein Schotter zurück. Was Robin auch nicht ahnen konnte, vor ihm stand nicht einfach irgendein Türsteher Praktikant. Im Rahmen der Doku-Reihe „Undercover Boss“ war es der Polizeipräsident höchst selbst, der sich als Türsteher ausgab und nun die harte Realität im Clubgeschäft kennenlernte.
Robin langweilte das Geschehen und er drehte sich vom Soda weg, ohne einen schönen Abend zu wünschen. Die Kantine war nicht weit und er beschloss sein Glück dort zu finden. Der Undercover Polizeipräsident hingegen war lange nicht fertig mit der Situation. Er sprintete an Robin vorbei, rempelte mindestens sieben Gestalten um, packte sich den Türsteher der Kantine, hielt ihm eine unfassbar helle Taschenlampe mitten ins Gesicht und schrie ihn spuckend an. Niemand verstand seinen geheimen Polizei-Code außer der nun erblindete Türsteher der Kantine. Als der Polizeipräsident fertig war, sprintete er zurück und überrollte völlig unnötig weitere zehn Gäste. Er packte sein Telefon und begann hastig zu tippen. Robin bekam von alldem nichts mit. An der Kantine angekommen, ließen ihn die Türwächter nicht rein. Einer von beiden war blind und voller Sabber im Gesicht, weshalb Robin nicht mit ihnen diskutieren wollte. Der Abend war vorbei.
Robin ging auf dem Weg nach Hause noch zu einem Bankautomaten und hob 2.000 € ab. Er hatte sich vertippt und ärgerte sich über seine Unkonzentriertheit, wollte er doch 200.000 € abheben. Es wurde spät und er bestellte ein Taxi, doch kein einziger Fahrer nahm seine Bestellung an. Er grübelte und lief schließlich den kompletten Weg nach Hause. Dort angekommen, standen all seine Möbel und Besitztümer vor der Haustür, sogar sein teuer importierter orientalischer Wandteppich lag zerknirscht auf dem Rasen. Das Schloss war ausgetauscht. Sein Handy klingelte.
„Mum?“, sprach Robin verwirrt ins Mikro.
„Robin, der Türsteher hat uns eben angerufen. Wir sind sehr enttäuscht über dein Verhalten. Dein Vermieter ist auch sehr enttäuscht. Wir haben zusammen entschieden dich erstmal auf die Straße zu setzen, damit du über dein Benehmen nachdenken kannst. Es ist nur gut gemeint. Bitte ruf nicht mehr an.“ Sie legte auf.
Jeder andere Mensch wäre am Boden zerstört, doch nicht Robin. Er nahm seinen Pullover, steckte sich seinen handgenähten Teppich in die Hosentasche und lief der aufgehenden Sonne entgegen. Das Licht wärmte sein Gesicht und Robin tankte Kraft. Sein Weg führte ihn zum Seemann, Max, der seit kurzem seine Wohnung für völlig fremde Personen zur Untervermietung bereitstellte.
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